Vorwort

Jeder, der sich einen Ratgeber kauft, möchte umgehenden Rat. Es soll schnell gehen,
möglichst nach Patentrezept. Am besten, ohne dass man sich mit Paragraphen und
schwierigen Formulierungen herumschlagen muss. Eigentlich möchte man nichts mit dem
ganzen Prozedere und den vorgeschriebenen Verfahren zutun haben.


Als ich diesen Ratgeber plante, sagte mir ein Freund, dass der Text viel zu lang sei, dass
jeden nur knappe Fakten interessieren würden. Ein Betroffener möchte im Grunde kurze,
knappe Anweisungen, wie er vorgehen und sich verhalten soll.


Liebe Leser, wie viele Ratgeber, die Sie bislang gelesen haben, konnten Ihnen wirklich so
helfen, wie Sie es sich vorgestellt haben? Die Palette der Ratgeber zur Erlangung eines
Behindertenausweises ist übersichtlich. Und wie Sie vorgehen müssen, um den
"undurchsichtigen Machenschaften" der Behörden Herr zu werden, sagt Ihnen niemand.
Das liegt wohl auch daran, dass sich hohe Führungskräfte aus den "Ablehnungsbehörden"
beim Eintritt in das Leben als Pensionär in Büchern verewigen möchten. Entweder sie
haben ihr gesamtes Berufsleben den falschen Job gehabt oder ihre Ratgeber sind für Sie
unbrauchbar, um wirklich erfolgreich zu sein.


Das liegt daran, dass die Gründe für eine Ablehnung Ihres Anliegens im Dunkeln bleiben
sollen. Der Ratgeber, der Ihnen nun vorliegt, will Licht ins Dunkel bringen. Mit kurzen
Erklärungen und ein paar Aufzählungen diverser Nachteilsausgleiche ist es nicht getan.
Richten Sie sich auf ein paar hoffentlich angenehme Lesestunden ein, es wird sich für Sie
lohnen.


Die Tipps, die Sie markiert finden, sollten Sie besonders gut verinnerlichen. Am Ende des
Ratgebers befinden sich wichtige Gesetzestexte und eine Aufzählung steuerlicher
Nachteilsausgleiche. Es ist jedoch sinnlos, direkt dorthin zu blättern. Ohne den Ratgeber
vorher gelesen zu haben, wird der Erfolg Ihres persönlichen Anliegens zu einem Glücksspiel.
Der Erfolg ist abhängig davon, wohin der Sachbearbeiter, der Ihr Begehren bearbeitet, die
"Kugel rollt".


Im Übrigen finden Sie diese Informationen mit ein paar einfachen Klicks im Internet. Das
wird Sie jedoch nicht darauf vorbereiten, wie Sie es anstellen müssen, um erfolgreich Ihr
Anliegen zu verfolgen. Für Sie ist es wichtig, dass Sie das bekommen, was Sie tatsächlich
benötigen.


Den Weg dorthin möchte ich Ihnen beschreiben. Dazu müssen Sie ihre Vorstellung von
einem »kurzen Ratschlag« vergessen. Sie werden voraussichtlich Ihr ganzes Leben
behindert sein, da sollten Sie sich die Zeit nehmen, meinen speziellen Ratgeber in Ruhe und
vielleicht auch mit einem Lächeln auf den Lippen zu lesen. Das Lächeln wird Sie Ihrem Ziel
näherbringen. Der "sarkastische Unterton", den ich gelegentlich anschlage, lässt Sie mit der
Herausforderung behindert zu sein, hoffentlich etwas lockerer umgehen.


Sie werden schnell verstehen, warum ich Sie so vehement vom schnellen Durchblättern und
der Suche nach einer Patentlösung abhalten möchte. Dazu ist der Apparat der zuständigen
Stellen viel zu groß, zu erfahren und zu mächtig. Sie werden schnell verstehen, dass Ihre
Vorstellung vom »Behindertsein« im krassen Gegensatz zur Vorstellung des Gesetzgebers
von einer Behinderung stehen kann.


Nehmen Sie sich die notwendige Zeit. Wachsen Sie mit dem Ratgeber und mit dem, was Sie
alles selbst tun müssen, um in Ihrer Rolle als behinderter Mensch erfolgreich zu sein. Dabei
geht es bei Weitem nicht nur um einen Ausweis. Ich wünsche Ihnen trotz des unerfreulichen
Anlasses viel Spaß und Erfolg beim Lesen.


Liebe Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter!
Mit meinen Ausführungen möchte ich keineswegs die Menschen, die hinter den von mir
beschriebenen Funktionsbezeichnungen stehen, diffamieren oder beleidigen. Ich hoffe,
diese Intention wird beim Lesen klar.


Wenn sich die neuseeländischen Maori beim Rugby mit einem traditionellen Ritualtanz auf
die sportliche Auseinandersetzung einstimmen, dann sammeln sie positive Energie und
versuchen, ihren Gegner einzuschüchtern und zu beeindrucken. Nach dem Spiel trifft man
sich mit den Konkurrenten, trinkt ein flottes Bier und nichts ist mehr zu spüren, von dieser
Energie und der auf den Sieg konzentrierten Aggression. So soll es auch hier sein; sportlich
fair eben.


Mit meinen Ideen gebe ich ungewollt auch der "gegnerischen Verwaltung" Tipps. Bei den
Zykluszeiten (50-100Jahre), die Gesetzesänderungen und vor allem Anschauungen und
Einsichten benötigen, bevor sie zu Handlungen werden, mache ich mir aber überhaupt
keine Gedanken über mögliche negative Auswirkungen auf die Gruppe behinderter
Menschen und "Behindertenanwärter".


Die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter, mithin also Sie, haben durch den Ratgeber
Gelegenheit, einen veränderten Blick auf Ihre eigene Arbeit zu richten, quasi als Mensch mit
Empathie für Mitmenschen. Allen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern wünsche ich
deshalb viel Spaß beim Lesen.


Dirk Riepe