Kapitel 2 - Der SchwerBehindertenAusweis
So sieht ein Schwerbehindertenausweis (SBA) aus. Im linken mittleren Teil der
Ausweisforderseite muss sich ein Foto des Behinderten in vorgeschriebener Größe befinden.
Dieses Foto muss der Antragsteller dem Antragsformular
beifügen. Auf besondere Genehmigung kann der Ausweis auch ohne Lichtbild mit dem
entsprechenden Hinweis ausgestellt werden, wenn der Person das Verlassen des Hauses
nicht mehr möglich ist.
Sie fragen sich vielleicht, warum dann überhaupt der ganze Aufwand? Keine Ahnung! Im
Gegensatz zu Hochzeits- oder Bewerbungsfotos, auf denen man sich von der allerbesten
Seite zeigt, empfiehlt sich für den Schwerbehindertenausweis ein aussagekräftiges Foto, das
durch seinen Charme auf seinen Zweck hinweist. Angetrockneter Speichel in den
Mundwinkeln beispielsweise? Das sollte aber jeder selbst für sich persönlich entscheiden.
Der Rest auf der Seite ist Formalkram wie Name der ausstellenden Behörde, Aktenzeichen
usw. .
Das obere Exemplar ist vorn schon mit einem »B« (Notwendigkeit ständiger Begleitung)
ausgestattet, dessen Bedeutung ich unter "Merkzeichen" näher erläutern werde. Sie müssen
keine Angst haben. Sie müssen nicht immer einen Begleiter um sich haben. Das ist kein
Zwang.
Die Farbe hat natürlich auch eine Bedeutung. Grün ist die Grundfarbe des Ausweises. Nur
grün bedeutet: Ausweis light. Kommt rosa hinzu, wie bei dem obigen Exemplar, können
Ansprüche auf die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr geltend
gemacht werden. Genauer gesagt, haben Sie das Recht, die Vergünstigung zu beantragen.
Mit dem grün/rosa Ausweis erhalten Sie das Recht, ein weißes Beantragungsblatt zu
beantragen, welches man nach Zusendung ausfüllt, um dann ein Begleitblatt mit Wertmarke
zu beantragen, wenn man die unentgeltliche Nutzung des Personennahverkehrs in
Anspruch nehmen möchte. Die Wertmarke legt den Billigungszeitraum fest. Oder Sie
beantragen - quasi als Äquivalent - mittels eines weißen Begleitblattes, ohne Wertmarke,
eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung.
Ich nehme an, dass Sie gerade nicht folgen konnten. Das macht nichts, denn wenn Sie so
weit gekommen sind, gehören Sie bereits zum Club der Behinderten. Die adminstrative
Gegenwehr der Sachbearbeiter besteht nicht mehr und Sie werden von ihnen bereitwillig
Auskunft erhalten. Außerdem ändern sich die Regeln dieses Verwirrspiels ständig, weshalb
meine detaillierte Beschreibung bei Veröffentlichung des Ratgebers längst veraltet sein
kann. Da soll noch einmal jemand behaupten, Beamte seien nicht kreativ. Dem
Einfallsreichtum des Beamten, den "Behindertenanwärter" abwehrend zu prüfen, sind
kaum Grenzen gesetzt.
"Einfach" ist ein Fremdwort im Behördenjargon. Es soll auch kurz Erwähnung finden, dass
unentgeltlich nur bedeutet, dass man beim Einchecken nicht bezahlen muss. Die
Wertmarke muss man selbstverständlich bezahlen. Weiterhin kann man sich nur in einem
festgelegten Verkehrsnetz um den Wohnsitz herum kostenlos bewegen. Lesen Sie sich das
gut durch. Vielleicht ist die Wertmarke teurer als die Vergünstigung. Und Sie sollten viel
Zeit mitbringen, wenn Sie die Bahn benutzen möchten. Direkte Verbindungen oder gar
Intercity-Züge gehören nicht zum vergünstigten Nahverkehrsnetz.
© vintage black steam train - Arcansel - fotolia
Ich beende das Ganze an dieser Stelle, da einem schwer körperlich behinderten Menschen
mit Mobilitätseinschränkung eine weitere geistige Behinderung droht, wenn er
versehentlich über die Sätze weiter oben nachdenkt. Es gibt geringere Anlässe für
dauerhaften Wahnsinn.
Schauen wir uns an, was noch so alles auf unserem grün/rosa Ausweis zu finden ist. Oben,
Auf gar keinen Fall, niemals, über die Sinnhaftigkeit
des eben beschriebenen Vorgangs nachdenken!
Das Nichtverstehen rätselhafter Vorgänge, die administrativen
Hirnwindungen entspringen, ist kein Makel!
Behalten Sie unverändert Ihr Ziel im Auge, SCHWERBEHINDERT zu
werden.
in der wichtigsten Zeile, ist der Gültigkeitszeitraum des Ausweises vermerkt. Zur
Eintrittsbedingung »länger als sechs Monate« kommt nun »gültig bis« hinzu. Die
Schwerbehinderung läuft automatisch mit dem Erreichen des »bis«-Datums aus. Maximal
werden fünf Jahre gewährt. Danach sind Sie automatisch nicht mehr schwerbehindert.
Möchte man auch über diesen Zeitraum hinaus schwerbehindert sein, muss man den
Ausweis verlängern lassen. Dies wird in vielen Fällen in den Bürgerbüros der Städte
erledigt. Man bekommt dann die "notwendigen sechs Monate" aus dem alten Zeitraum auf
den neuen angerechnet. Das ist praktisch. Die sechs Monate beziehen sich nicht nur auf
Behinderungen, sondern auch auf chronische Erkrankungen. Wer also beim Arzt die
Diagnose »chronische Erkrankung« bekommt, dem sollte klar sein, dass chronisch im Sinne
des Gesetzgebers etwas gänzlich anderes bedeutet, als sich Otto Normalbürger vorstellt.
Verwechseln Sie nicht unheilbar mit chronisch. Chronisch bedeutet: Über einen längeren
Zeitraum vorhanden. Für den Gesetzgeber macht dieser längere Zeitraum (Stand:
Erstellung des Ratgebers) besagte sechs Monate aus. Haben Sie sich ein Bein gebrochen und
müssen deshalb vorübergehend im Rollstuhl Platz nehmen, sind sie als
"Behindertenanwärter" gänzlich ungeeignet.
Bei Beachtung dieser Bedingungen und fachlich präpariert sollte die Ausweisverlängerung
reine Formsache sein. Der Zeitraum der Gewährung sollte möglichst lang sein. Auf dem
Ausweis erkennen Sie zwei Felder für eine mögliche Verlängerung. Danach ist Schluss.
Unser Beispielsmensch mit dem fehlenden Bein wird nach derzeitigem medizinischen
Erkenntnissstand irgendwann ein
Nehmen Sie zur Beantragung der Ausweisverlängerung einen Rollstuhl mit.
Ein Rollator oder Krücken tun es auch.
Sie müssen sich nicht unbedingt schnell bewegen!
Eine Behinderung muss länger als 6 Monate
anhalten oder voraussichtlich anhalten.
Ein Schwerbehindertenausweis kann zweimal verlängert werden.
Unbefristet heißt "für immer schwerbehindert".
Diese Klassifizierung kann nur die Behörde rückgängig machen.
»unbefristet gültig« im Ausweis tragen. Das ist die höchste Weihe, die man erreichen kann.
Schwerbehindert auf Lebenszeit, egal, ob es irgendwann möglich ist, mittels Pille Beine
nachwachsen zu lassen. Egal, ob das Rückenmark plötzlich wieder zusammenwachsen kann.
Unbefristet bleibt unbefristet. Ob man wegen Betruges belangt werden kann, falls einem ein
Bein nachwächst, weiß ich nicht, ich halte es aber für sehr unwahrscheinlich. Die
unbefristete Verlängerung kann nur die zuständige Stelle befürworten. Bis dahin sind Sie
aber Profi.
© Happy excited successful businesswoman triumphing with laptop - deagreez - fotolia
Dennoch sollte man die Fortschritte in der Prothesenherstellung im Auge behalten, wenn
man auf eine Prothese angewiesen ist. Selbst in Gerichtsurteilen des Bundessozialgerichts
wurde die Funktion moderner Prothesen erwogen, die breits erstaunliche Leistungen
möglich machen. Da die Unterschenkel amputierten Menschen als schwerbehinderte
Vergleichsgruppe für die »Regelwidrigkeit« zum normalen Gehen herangezogen werden,
um so die »Außergewöhnliche Gehbehinderung« nach Merkzeichen »AG« zu bestimmen,
unterliegt dieser Maßstab einer gewissen Widersprüchlichkeit. Diese Widersprüchlichkeit
werde ich im Kapitel Merkzeichen noch näher beleuchten. Diese Widersprüchlichkeit führt
aber auch zu massenweisen Ablehnungen von Anträgen auf Bewilligung des Merkzeichens
"AG". Wenn Sie unkontrolliert durch den Ratgeber blättern und sich denken: »Konnte der
das nicht so sortieren, dass ich mein Thema sofort finde?«
Wenn Sie sich diese Frage stellen, sind Sie noch
nicht bereit.
Zu den Einzelheiten gibt es Informationen im
Internet oder über Verbände.
Ein weiterer Ratgeber dieser Art wäre wohl
überflüssig.
Sie müssen die Logik des Verfahrens verstehen.
Es geht nicht um das WAS.
Es geht um das WIE bekomme ich, was mir
zusteht.
Sie werden es zu schätzen wissen, dass in meinem Ratgeber das Hopsen von einem
Merkzeichen zum nächsten erschwert ist. Diejenigen, die nun enttäuscht sind, dass ich nicht
sofort über die Steuererleichterungen, die Kilometerpauschalen und vieles mehr schreibe,
sind doch keine Schmarotzer? Oder?
Sie sind in einer Notlage, aus der ich Ihnen eine hilfreiche Hand anbiete. Wenn Sie jetzt
einfach von einem Nachteilsausgleich zum nächsten springen wollen, legen Sie den
Ratgeber aus der Hand und verbuchen Sie seinen Erwerb unter sinnlose Kosten.