Sporttherapie
1. Sport ist Mord!
Ein sehr verbreiteter Spruch, von dem man sich als Betroffener tunlichst verabschieden sollte. Sporttherapie kann ein wesentlicher Baustein in der Therapie der MS sein. Neben der medikamentösen Behandlung, Physiotherapie und Ergotherapie schlummert die Sporttherapie noch in einer dunklen Ecke der Ignoranz.
Antisportler, die sich den Spruch »Sport ist Mord« zu eigen machen, werden sehr große Probleme im Verlauf ihrer Erkrankung bekommen. Was Sporttherapie zu leisten im Stande ist, wusste man schon im neunzehnten Jahrhundert.
Trotzdem wird diese Behandlungsmethode von den GKVen und vielen Ärzten immer noch stiefmütterlich behandelt. Sporttherapeut ist nicht einmal eine anerkannte Berufsbezeichnung. Und das, obwohl man ein Sportstudium absolviert hat, wenn man z.B. in einer neurologischen Reha-Einrichtung Sporttherapie betreiben will.
In Reha-Zentren verlassen sich Leistungssportler auf die Kompetenz von Sporttherapeuten, um nach einer Verletzung schnell wieder auf die Beine zu kommen. Da werden Fußballmannschaften betreut und einige Reha-Zentren sind Olympiastützpunkten angeschlossen. Gerade die Fußballer wieder auf die Beine zu bringen, ist bei den Summen, die dort im Spiel sind, eine verantwortungsvolle Aufgabe. Wäre sie nicht absolut sinnvoll, würden die Vereine, die Millionenumsätze machen, ihre Spieler bestimmt nicht in die Hände von Sporttherapeuten geben.
Dennoch ist die Lobby im Medizinbereich verschwindend gering. Während extrem teure Medikamente mit zweifelhafter Wirkung verordnet werden, fristet die Sporttherapie ein Nischendasein.
2. Was ist denn das Besondere an der Sporttherapie?
Zuerst muss man fragen: »Wem macht Krankengymnastik Spaß?«
Den wenigsten würden wir meinen. Das liegt daran, dass direkt an der Funktionsstörung unserer Körperteile gearbeitet wird. Natürlich ist es wichtig, eine spastische Muskulatur zu dehnen, sie wieder gängig zu machen. Die Sporttherapie geht jetzt aber noch einen Schritt weiter und bindet den gesamten Körper mit in die Therapie ein.
Kein Muskel in unserem Körper funktioniert für sich allein! Eine Bewegung besteht immer aus Anspannung und Entspannung, aus Abstoßen und Festhalten, aus Agonist und Antagonist.
Eine Bewegung ist nur gegen einen Widerstand möglich. Je geringer der Widerstand, umso schwieriger ist die Bewegung. Kommt man nur ein bisschen durcheinander beim Zusammenspiel der Muskeln, dann fallen wir, schwanken wir, werden wir unsicher. Sobald das Gegengewicht nicht mehr da ist, verlassen wir unsere Komfortzone, wir bekommen Angst und reagieren mit überzogenen Gegenbewegungen, die nicht unbedingt geeignet sind, uns im Gleichgewicht zu halten.
Dieses Zusammenspiel kann man nur wiederherstellen, wenn man Übungen macht, die alle Muskeln einschließen. Dafür braucht es noch einen Trainingsanreiz! Für die paar Fußballer, die Millionen verdienen, sind trotz dieser Summen Trainingsanreize notwendig. Wir haben eine ungleich schwerere Aufgabe zu bewältigen, wir bekommen nicht einmal eine Blechmedaille für unsere Bemühungen.
Therapien werden abgebrochen, Physios verzweifeln, weil die Patienten nicht mitmachen. Wie einfach ist es doch, eine Pille einzuwerfen! Die Durchbrüche in der Therapie der MS, die nicht medikamentös sind, tauchen in keiner Statistik und keiner Klatschspalte auf.
Das neue Wundermedikament gegen eine Krankheit hingegen, wird als Durchbruch in den Gazetten gefeiert.
Selbst wenn es das gäbe, wie bitteschön soll sich das Kaputte, die Fehlstellung, das Muskeldurcheinander mit einer Pille reparieren lassen?
Denkt darüber nach! Kaputt ist kaputt! Nur ihr selbst könnt euch reparieren, keine Pille, keine Spritze, kein engagierter Neurologe kann das. Wenn die Datenautobahn vom Gehirn zum Muskel gesperrt ist, müsst ihr den „Feldweg“ nehmen. Der ist schwieriger zu befahren, ihr müsst das Auto schon gut lenken können, aber ans Ziel gelangt ihr auch so.
Darauf zu warten, dass die Vollsperrung irgendwann aufgehoben wird, ist nicht besonders sinnvoll, denn darauf habt ihr keinen Einfluss. Den Feldweg zu meistern, das kann man lernen!
Das ist Sporttherapie!
Spielerisch mittels sportlicher Übungen den Umgang mit dem Auto beim Befahren des Feldweges zu lernen. Je lieber wir diesen Feldweg befahren desto erfolgreicher werden wir sein. Der Rallyweltmeister fährt auf dem Feldweg so schnell wie Tante Erna auf der Autobahn.
Das ist unser Ziel!
Wir hoffen, der Vergleich ist verständlich und erklärt die Wichtigkeit der Sporttherapie. Denjenigen, die aus dem Spruch »Sport ist Mord!« eine Lebensphilosophie gemacht haben, sei gesagt: »Man kann Meinungen ändern!«
Wir können etwas tun!
3. Tipps
Es gibt überall MS-Sportgruppen, die gemeinsam trainieren!
Erkundigt euch bei eurer Kasse, ob Sporttherapie übernommen wird!
Es gibt Rehzentren, die Sporttherapie mit professioneller Begleitung anbieten!
Gemeinsam macht es mehr Spaß!
Sucht euch Partner!
4. Tipps
Sporttherapie so früh wie möglich beginnen!
Erkundige dich nach Sportgruppen für MSler!
Suche dir ein gutes Reha-Zentrum, die auch Leistungssportler betreuen!
Erkundige dich bei deiner Krankenkasse. Einige Kassen übernehmen die Sporttherapie.
Bewege dich, so oft es geht!
Sitzen bleiben, ist Stillstand!