Dysphagie
Wieder so ein schwieriges Wort aus dem Griechischen. Wir beginnen mit Dys. Dys heißt einfach schlecht. Phagie hat etwas mit dem Essen zu un. Daraus folgt, dass Dysphagie bedeutet, dass man einfach schlecht essen kann. Genauer erklärt, betrifft es das Herunterschlucken der Nahrung; am Hunger liegt es nicht. Dysphagie ist ein Teilbereich aus der generellen Kategorie der Spastik.
Das Schlucken ist ein sehr schwieriger Vorgang, an dem viele Muskeln beteiligt sind. Das sollte uns nicht in Panik, aber in einen Alarmzustand versetzen. Denn viele Muskeln können, wenn nur einer nicht das Richtige zur richtigen Zeit tut, durcheinanderkommen.
Das Gefährliche an Dysphagie sehen wir oben. Zwischen Schlucken und Atmen steht nur das sogenannte Gaumensegel. Es dichtet quasi die Luftröhre zur Speiseröhre hin ab. Funktioniert das Zusammenspiel der Muskeln, die Speisen in die Speiseröhre transportieren nicht richtig, kann Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre geraten. Wir „Nichtgriechen“ nennen das Verschlucken. Die Muskeln werden von unserem Willen aktiviert und diverse Rezeptoren (Zellen zur Sinneswahrnehmung) melden uns, dass alles richtig gelaufen ist.
Verschlucken wir uns, wechselt der Körper automatisch in einen Ausnahmezustand. Es wird gehustet und geprustet, die Augen tränen, die gesamte Muskulatur gerät in Aufregung. Sinneszellen (Rezeptoren) in der Luftröhre melden uns: „ALARM!“ Warum das so ist, ist klar. Wir würden sonst ersticken. Und genau das ist die große Gefahr bei diesen Symptomen. Wenn Teile der Muskulatur, die zum Husten benötigt wird, spastisch gelähmt ist, fällt das Husten schwer oder geht irgendwann gar nicht mehr.
Das ist aber nur ein Teil des Problems. Es kann auch sein, dass wir nicht merken, dass Nahrung in die Luftröhre gelangt, weil die Sensoren nichts melden, also taub sind. Das ist ein ganz schlimmes Szenario, da Nahrung oder Flüssigkeit nichts in der Lunge zu suchen hat. Gibt es etwas dagegen?
Die Blase ist schon kompliziert genug und auch da wirken Antispastika bei einem Muskel der Blase prima, beim anderen verschlechtern sie die Situation. Immer wenn Muskeln unterschiedlicher Funktion, also der eine spannt an, der andere entspannt, zusammenwirken müssen, ist Timing gefragt. Welche Tablette soll das bitte regeln?
Wir müssen uns auch bei Dysphagie dummerweise damit abfinden, dass nur wir selbst etwas daran verändern können. Das beginnt damit, dass wir die Schluckbeschwerden erkennen und ernstnehmen. Denn sie treten nicht so auf, dass man gleich erstickt, sondern vielfach schleichen sie sich an. Wir verschlucken uns und denken, dass sich jeder mal verschluckt. Das stimmt und Panik ist auch zu vermeiden. Wenn man sich aber regelmäßig verschluckt, sollte man tätig werden.
Beobachtet genau, ob ihr beim Schlucken eine Denkpause einlegen müsst. Was das sein soll, werdet ihr merken, wenn es passiert. Und stellt euch die Frage, ob ihr kohlensäurehaltige Getränke zu euch nehmen könnt. Sind eure Schlucke kleiner geworden? Könnt ihr auch schlucken, wenn euer Puls beim Sport hoch ist? Verschluckt ihr euch bei bestimmten Speisen? Ganz beliebt für Dysphagie ist der Verzehr von Müsli. Im Gegensatz dazu ist Babybrei am verträglichsten, weil die Konsistenz der Speise das Schlucken erleichtert. Am schlimmsten schluckt sich Flüssigkeit mit kleinen harten Stückchen, also Müsli. Macht den Müslitest!
Für die, deren Dysphagie mit tauber Luft- und oder Speiseröhre einhergeht, ist es viel schwieriger herauszufinden, ob sie Schluckbeschwerden haben. Daher besteht die latente Gefahr, dass feste oder flüssige Bestandteile in die Lunge geraten. Egal wie es sich anfühlt, wenn es euch komisch vorkommt, solltet ihr sofort einen Neurologen aufsuchen.
Der Neurologe wird schauen, ob ihr einen Schub habt und wird sich um die akute Krankheitsaktivität kümmern. Allerdings wird er euch auch zur Logopädie überweisen. Dort wird professionell beobachtet, wie ihr esst und sprecht. Dann werden Übungen ausgearbeitet.
Aufregung und Stress wirken sich übrigens besonders ungünstig auf das Schluckverhalten aus. Einfache Dinge könnt ihr aber sofort machen und die sind eigentlich für jeden, ob mit Schluckbeschwerden oder ohne, sehr empfehlenswert.
Tipps
- Langsam essen.
- Essen ohne Fernsehgucken oder andere Ablenkungen.
- Essen gut kauen, um einen Brei im Mund zu erzeugen.
- Beim Essen keinen Zeitdruck entstehen lassen.
- Auf jeden Fall bei Verdacht auf Schluckstörungen zum Neurologen gehen.
Wenn überhaupt Todesfälle bei MS auftreten, sind die Gründe häufig Lungenentzündung (kann durch Speisereste in der Lunge ausgelöst werden) und Ersticken, wenn das Abhusten nicht mehr funktioniert. Dennoch bitte nicht in Panik verfallen! Früherkennung und Training des Schluckapparates können Schlimmeres verhindern.