Pyramidenbahnzeichen

Was ist eine Pyramidenbahn?

Den Begriff Pyramidenbahnzeichen werdet ihr immer mal wieder hören. Da fragt man sich gleich einmal, was denn eine Pyramidenbahn ist. Das hat nichts mit Ägypten und sehr wenig mit dem geometrischen Körper aus der Mathematik zutun. Also muss ein Bild herhalten.

Die roten Nervenbahnen, die sich im Gehirn auffächern, sind die Pyramidenbahnen. Da sie sich komischerweise (Decussation of pyramids) an einer Stelle kurz vor dem Beginn des Rückenmarks kreuzen, ist die rechte Gehirnhälfte für die linke Körperhälfte zuständig und umgekehrt. Im Gehirn, genauer im Motorcortex, (Motor area of cortez), werden unsere willkürlichen Bewegungen ausgelöst, hier wird geprüft, ob sie richtig waren, hier wird korrigiert und  gegebenenfalls neu gesteuert. Es handelt sich um Bewegungen, die wir wollen!

 

Ein Vergleich aus dem Leben

Ein ewiges Hin und Her unglaublich vieler Informationen ereignet sich auf diesen Nervenautobahnen. Da wird gemessen, bewertet, angeregt, gesteuert und, und, und.

Habt ihr schon einmal auf einer wegen Unfall gesperrten Autobahn gestanden? Vielleicht noch ausgerechnet 500 Meter hinter einer Abfahrt? 500 Meter auf einer Reise mit dem Auto in den Urlaub, die sich über 1000 Kilometer erstreckt. Wenn wir einen Unfall auf der Pyramidenbahn zwei Millimeter über dem Abzweig zu den Armen haben, können wir uns womöglich nicht mehr am Kopf kratzen. Bevor vor uns auf der Autobahn endlich alle über eine Umleitung auf schmale Nebenwege geführt sind, haben wir schon keine Lust mehr auf den Urlaub.

 

So geht es auch auf der Pyramidenbahn zu, wenn dort Läsionen auftreten. Wenn wir vor der Fahrt in den Urlaub schon vergessen haben, den Herd auszumachen, können wir umdrehen. Das heißt, im Cortex ist schon etwas schiefgelaufen. Stellt euch die Anzahl der Möglichkeiten vor, die dafür verantwortlich sein können, dass man eine Bewegung nicht ausführen kann. Falsch gemessen, falsch übertragen, falsch berechnet, Sensorleitung defekt, Sensor selbst defekt.

 

Wenn ihr nun ein »Déjà-vu-Erlebnis« mit Beteiligung eures Computers habt, liegt ihr richtig. Dann ist Stress auf der Datenautobahn. Übrigens auch die Speicher eines Computers haben Fehler,Löcher, Läsionen. Bei der Produktion der Bauteile wird das berücksichtigt. So ähnlich wird es in unserem ZNS vonstattengehen. Immerhin hat sich irgendein Gehirn die Speicher ausgedacht.

 

Was sind nun die Zeichen?

Wenn alles, was irgendwie mit Bewegung zu tun hat, aus dem Motorcortex (Hirnrinde die für Bewegungen zuständig ist) kommt und über die Pyramidenbahn zu den Muskeln gelangt, gibt es dann einheitliche Zeichen? Ja, die gibt es! Anhand von Reflexen stellt der Neurologe fest, ob etwas auf dem Weg vom Motorcortex zum Muskel schief läuft.

 

Ärzte, die zum ersten Mal mit einer Gabel einem Patienten unter der Sohle (Babinski) oder über die Kante des Fußrückens (Chaddock) gestrichen haben und dann lustige Eigenreflexe feststellten, haben sich mit dem Zeichen gleich mal einen Namen gemacht, indem sie es in irgendeiner Fachzeitschrift veröffentlichten.

 

Wir belassen es bei den beiden genannten Ärzten. Grundsätzlich kann man sagen, dass überall da, wo uns etwas besonders schmerzt oder unangenehm ist, irgendeiner mit der Gabel unterwegs war.Und schon hat er sich unsterblich gemacht. Ist das so einfach? Na klar, so einfach ist das! Es wird eben nur dadurch kompliziert, weil die Begriffe in einer toten Sprache benannt werden, die keiner versteht. Das sind die Pyramidenbahnzeichen.

 

Auswirkungen

Generell kann man sagen, dass alles, was auf den Pyramidenbahnen im Argen liegt, zu irgendeiner Art von Muskelspastik führt: Ataksie, Klonus, Tremor, ... . Dazu zählt quasi alles, was anspannend ist. Alles was entspannt, also »Muskel schlappmacht«, läuft über andere Leitungen. Jeder, der sich die Frage stellt, ob er Spastik hat, weil sich sein Fuß beim Gehen von selbst nach links dreht, weiß nun: »Ja, im weitesten Sinne ist das so!«

 

Irgendwie hat jeder Angst Spastik zu bekommen. Spastik bedeutet nicht, dass man Grimassen schneidend oder mit verkrümmter Körperhaltung mit dem Rolli durch die Stadt fährt. Das ist etwas ganz anderes. Natürlich kann auch im Gesicht Spastik auftreten,  denn im Gesicht ist alles Mögliche beweglich. Verkrampfungen sind eben  nur das nicht gewollte Anspannen von Muskeln. Können diese Verspannungen durch den Neurologen ausgelöst werden, z.B. mit einer Gabel, läuft was schief auf der Pyramidenbahn.

 

Tipps

Wir verstehen besser, was mit uns passiert, wenn wir wissen, wovon der Neurologe redet!

Durch das Verständnis der Begriffe, verringert sich unsere Angst!

Redet mit, wenn der Neurologe Fachbegriffe verwendet!

Nachfragen hilft!

Zu wichtigen Gesprächen IMMER jemanden mitnehmen!